Typisch Land! Man muss schon aufpassen, um die Abfahrt Richtung Lindscheid nicht zu verpassen. Das erste was auffällt ist, dass das 350 – Seelen Dorf doch recht malerisch wirkt, mitten in den Hügeln des „Bohnentals“ im nördlichen Teil des Saarlandes. Doch was machen Jugendliche hier, etwas von der Welt abgeschieden, bei miserabler Busverbindung und die nächst größere Stadt etliche Kilometer entfernt? Das wollten wir einfach die fragen, die darauf schon eine Antwort gefunden haben. Wir haben uns mit den Leuten vom Juz Lindscheid verabredet.

DORFGEMEINSCHAFT

Niko, der amtierende erste Vorsitzende, zeigt uns stolz den Club und auch Lukas und Jan, die ehemaligen Vorsitzenden, stoßen zur illustren Runde. „Wir haben uns hier unser zweites Wohnzimmer aufgebaut, das wir selbst verwalten und da hat sich von Anfang an eine Gemeinschaft gebildet hat, die auch heute noch intakt ist“ meint Jan, der seit der Anfangszeit dabei ist. Überhaupt, das Thema „Gemeinschaft“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Gespräche und was das für solche Dörfer wie Lindscheid bedeutet: „Es bildet sich mit den Jugendclubs einfach eine Gemeinschaft in den kleinen Dörfern, die auch zusammenhält, die einfach die Dörfer weiterleben lässt. Denn wenn jeder nur noch zu Hause bleibt, verfallen solche Dörfer. Dann hat man halt keinen Zusammenhalt mehr und deshalb ist es wichtig ein funktionierendes Gemeinschaftsleben zu haben und das beginnt halt als Jugendlicher im Jugendclub.“

DIE ANFANGSPHASE

Er erzählt noch von der Anfangsphase und erläutert, dass sie es toll fanden, wie der damalige Ortsvorsteher ihnen einen Vertrauensvorschuss entgegenbrachte als er ihnen die Leitung des Treffs übergab. Und dass es sie enorm motivierte, weil sie dieses Entgegenkommen nicht enttäuschen wollten. Das waren die Leute vom Jugendtreff von anderen Vereinen nicht gewohnt. „Der Unterschied zu unseren anderen Vereinen ist halt, dass man dort die Alten sitzen hat, die das Sagen haben und im Jugendclub ist man halt mit denen zusammen, die so alt sind wie du selbst. Da musst du halt deinen Weg selber finden mit deinen Kollegen zusammen, da sagt dir niemand von oben vor“. „Man lernt hier auf jeden Fall zu diskutieren. Es ist halt nicht jeder der selben Meinung, da muss man lernen zu argumentieren“  betont Lukas, was er aus seinem Engagement im Club mitgenommen hat. „Und Organisationstalent“ unterstreicht Jan, „das hab ich hier gelernt“ und erzählt in wie viel Vereinen er mittlerweile aktiv ist.
Ganz ungetrübt ist aber auch das Treffleben in Lindscheid nicht. Wie bei vielen Clubs in kleinen Ortschaften fehlt der Nachwuchs. Bisherige Aktivitäten haben noch nicht richtig gezündet, aber aufgeben ist sowieso keine Lösung.

FESSELND

Bei den ganze Storys, die von den ehemaligen Vorsitzenden da so erzählt werden, spürt man vor allem, wie lebendig und prägend dieses Gemeinschaftserleben war und ist. Die vielleicht beste Geschichte erfahren wir zum Schluss: Dass das loslassen vom Clubgeschehen schwer fallen kann, hören wir öfter. Laut Satzung des Juz Lindscheid endet mit 27 Jahren die aktive Mitgliedschaft im Verein. Das wollte der Gründungsvorsitzende bei seinem 27. Geburtstag nicht akzeptieren und kettete sich mit einem Schloss an den Tresen des Clubs. So fesselnd kann die Juz-Arbeit eben sein.